MEDINSTRUKT > Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS) – Akutes Lungenversagen

MEDINSTRUKT > Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS) – Akutes Lungenversagen

Die Definition steckt bereits im Namen. Bei einem ARDS handelt es sich um eine akute Schädigung der Lunge. Ein ARDS ist immer eine lebensbedrohende Erkrankung, die mit einer sehr hohen Mortalität einhergeht. Wir möchten Ihnen in unserem Beitrag die wichtigsten Fakten an die Hand geben, die Sie benötigen, wenn einer Ihrer Patienten ein ARDS entwickelt.

Auslöser von einem akuten Lungenversagen

Das akute Lungenversagen hat immer auslösende primäre Faktoren. Hierbei können direkte und indirekte Faktoren unterschieden werden.

– indirekte Faktoren: Sepsis vor allem bei pulmonalem Fokus, septischer Schock, Polytrauma, SHT; Schock-Syndrome, Fettembolien

– direkte Faktoren: Pneumonien, Inhalationstraumen, Sauerstoffintoxikation, Aspiration

Die drei Phasen beim ARDS

– Exsudative Phase – durch Schädigung der Alveolarmembran kommt es zu einer deutlich erhöhten Kapillarpermeabilität. Dadurch verschiebt sich Flüssigkeitsvolumen vom Intravasalraum ins Interstitium und es entsteht ein interstitielles Lungenödem.

Zwischenphase – die Pneumozyten werden geschädigt, Flüssigkeit und Exsudate treten in die Alveolen über und es kommt zum alveolären Lungenödem. Hierdurch kommt es, bedingt durch die Verteilungsstörung, zu einer Teils massiven Hypoxie.

Proliferationsphase – durch Entzündungsmediatoren werden die Fibroblasten überschießend aktiviert. Die Folge ist eine vermehrte Produktion von kollagenem Bindegewebe in der Lunge, was als Spätfolge zur Lungenfibrose führen kann.

Corona / Covid-19 und ARDS

Leider kann es bei schweren Verläufen von Corona auch zu einem ARDS kommen. Deswegen sollte hierbei auf eine frühzeitige lungenprotektive Beatmung geachtet werden.

Berlin-Definition beim ARDS

Laut der Berlin-Klassifikation aus dem Jahr 2011 liegt ein ARDS vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

  • Respiratorische Symptomatik tritt direkt nach einem Ereignis auf oder verschlechtert sich akut
  • Das Lungenversagen und die Infiltrate lassen sich nicht zurückführen auf eine Herzinsuffizienz und einer Volumenüberladung
  • Beidseitige Infiltrate, die nicht durch andere pathologische Vorgänge erklärbar sind

ARDS Stadieneinteilung anhand vom Horovitz-Quotienten / Oxygenierungsindex

Der Oxygenierungsindex zeigt, wie gut die Lunge das durchströmende Blut mit Sauerstoff versorgen kann. Hierbei wird der Sauerstoffpartialdruck aus der Blutgasanalyse durch den FiO2 dividiert.

  • mildes ARDS: Horovitz-Quotient 201 – 300 mmHg
  • moderates ARDS: Horovitz-Quotient 101 – 200 mmHg
  • schweres ARDS: Horovitz-Quotient ≤ 100 mmHg

Die Stadieneinteilung hat nur Gültigkeit, wenn der PEEP ≥ 5 cmH2O beträgt.

Praktisches Rechenbeispiel: Ein Patient wird auf der Intensiv mit einem FiO2 von 0,8 beatmet und die BGA ergibt einen O2-Partialdruck von 50 mmHg -> hieraus ergibt sich ein Horovitz- Quotient von 62,5 mmHg. Es zeigt sich das Bild von einem schweren ARDS.

Diagnostik vom ARDS

  • in der Blutgasanalyse zeigt sich zu Beginn eine respiratorische Partialinsuffizienz, die sich im Verlauf zu einer respiratorischen Globalinsuffizienz (CO2 > 45 mmHG) entwickelt. Hier noch einmal ganz kurz der Hinweis, dass der O2-Partialdruck stark altersabhängig ist (zwischen 95 mmHg bei jüngeren und 70 mmHg bei älteren Patienten). Der CO2-Partialdruck ist allerdings nicht altersabhängig.
  • Die Durchführung einer Bronchoalveolären Lavage (BAL) ist eine zuverlässige Methode, um ein ARDS von einem Lungenödem abzugrenzen. Bei einem ARDS liegt der Anteil der Neutrophilen Granulozyten in der gewonnen Spülflüssigkeit über 50% (normal wären unter 5% Neutrophile). Außerdem findet sich eiweißreiches Exsudat in der Lungenspülflüssigkeit.
  • im Röntgen-Thorax und im CT zeigen sich beide Lungenhälften durch Ödeme infiltriert (Milchglasphänomen). Die Infiltrate sind gleichmäßig über beide Lungenhälften verteilt, denn eine einseitige Verteilung würde eher für eine Pneumonie sprechen.

Eine Diagnosestellung sollte nie alleine durch bildgebende Verfahren gestellt werden. Hier ist die Zusammenschau aller Symptome für die Diagnosestellung relevant.

Differenzialdiagnosen akutes Lungenversagen

Für eine zielgerichtete und erfolgreiche Therapie ist es zwingend notwendig Differenzialdiagnosen auszuschließen. Dies sollte sehr schnell von statten gehen, um eine optimale ARDS Therapie einzuleiten.

  • akute Linksherzinsuffizienz kann durch eine Echokardiografie oder durch die Erhebung des Wedge-Druck (PAWP < 18 mmHg als Hinweis auf ein ARDS) diagnostiziert werden. Allerdings ist gerade in der Anfangsphase eine Differenzierung sehr schwer.
  • eine Lungenembolie führt ebenfalls zu den charakteristischen respiratorischen Symptomen. Zur Differenzierung bietet sich ein CT, D-Dimere und der Ausschluss von tiefen Venenthrombosen an.
  • Fluid-Lung durch eine Niereninsuffizienz oder eine Überwässerung. Hier können wir auf die renalen Retentionsparameter und auf das Natrium im Labor achten. Bei erweiterndem Hämodynamischen-Monitoring bieten sich auch der ELWI und der GEDI als Entscheidungsgrößen an.
  • schwere Pneumonien führen zu respiratorischer Insuffizienz und zu ähnlichen Röntgenbefunden. Allerdings haben wir bei einer Pneumonie die Infiltrate in der Regel nur einseitig. Auch Laborparameter und das Ansprechen auf die antibiotische Therapie geben Anhalt.

Therapie vom ARDS

Wichtig ist neben der richtigen ARDS Behandlung, auch den auslösenden Faktor schnellstmöglich zu beheben und die Entzündungskaskade zu unterbrechen. Vor allem die richtige Beatmung hat einen hohen Stellenwert bei der ARDS Therapie:

  • möglichst niedriges Tidalvolumen von 6 ml/kg/KG
  • inspiratorischen Druck auf möglichst niedrigem Niveau halten
  • PEEP-Beatmung mit mindestens 5 cmH2O, damit keine Atelektasenbildung erfolgt

Falls die CO2 Werten über die der permissiven Hyperkapnie steigen, kann die CO2 Elimination via ECMO oder ECLA erwogen werden.

Permissive Hyperkapnie bei der ARDS Therapie

Infolge der lungenprotektiven Beatmung mit niedrigen Atemzugvolumen kann es zu einer Hyperkapnie und zu einer respiratorischen Azidose kommen. Werte von 60 mmHg werden zu Gunsten der Lungenprotektion toleriert, man spricht hierbei von der permissiven Hyperkapnie.

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