MEDINSTRUKT > Mythen der Ersten Hilfe

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Jeder hat bereits Mythen aus der Ersten Hilfe gehört. Es gibt viele Halbwahrheiten in der Notfallmedizin oder genauso auch Dinge die schlichtweg falsch sind. Einiges hat man bereits durch Bekannte gehört oder natürlich auch im Fernsehen gesehen. Manche Dinge wurden vor Jahrzehnten tatsächlich in der Medizin gemacht, sind aber nicht mehr auf dem aktuellen Stand. Glauben Sie nicht alles was Ihnen erzählt wird! Wir beschäftigen uns mit den gängigsten Mythen in der Ersten Hilfe und klären auf.

Mythos 1: Die Warnweste muss im Kofferraum sein

Nein. Diese sollte griffbereit im Fahrerbereich sein. D.h. entweder in der Fahrertüre, unter dem Sitz, im Handschuhfach, egal wo, nur vorne. So dass Sie an sie hinkommen ohne aus dem Fahrzeug aussteigen zu müssen. Wenn die Warnweste im Kofferraum ist, müssten Sie erst um das Fahrzeug herumlaufen, den Kofferraum öffnen, diese suchen und anziehen. Bis Sie diese gefunden haben, werden Sie schlecht bis gar nicht gesehen. D.h. Sie können jederzeit von einem anderen Fahrzeug angefahren oder zwischen dem eigenen Fahrzeug einklemmen werden. Die meisten Unfälle passieren dann, wenn die meisten Fahrzeug unterwegs sind, somit auf dem Weg in die Arbeit oder von der Arbeit heim. Zu dieser Tageszeit ist es dämmrig und Sie werden noch schlechter wahrgenommen. Deswegen ist es umso wichtiger, dass Sie gut gesehen werden von dem nachfolgenden Verkehr, damit nichts passiert.

Fazit: Ziehen Sie somit die Warnweste noch im Fahrzeug an!

Mythos 2: Die Aufstellung des Warndreieckes reicht direkt hinter dem Fahrzeug

Nachdem das Warndreieck den nachfolgenden Verkehr warnen soll, muss es in einem gewissen Abstand zur Unfallsstelle stehen. Nehmen Sie sich die Zeit und stellen Sie es in dem Abstand auf, der benötigt wird. Es dient zu Ihrem Eigenschutz, damit nichts passiert!

  • Innerorts: 50m         (Merkhilfe innerorts darf 50 km/h gefahren werden)
  • Außerorts: 100 m   (Merkhilfe innerorts darf 100 km/h gefahren werden)
  • Autobahn: 200 m     4 Straßenrandmarkierungen entfernt.

Wieso 200 m? Begründen wir das ganze mathematisch:

Die Formel für die Reaktionszeit:

Geschwindigkeit,die gefahren wird / 10 * 3

  Bsp: 150 km/h / 10 = 15

  15 *3 = 45 m / s werden zurückgelegt

Der Mensch braucht meist 1,5-2 sec. um etwas zu realisieren und darauf zu reagieren. Nehmen wir ein Fahrzeug das 150km /h auf der Autobahn fährt. Nach 90 m (Reaktionszeit 2 * 45 m /s) realisiert der Fahrer: “ Da ist ein Unfall, Ich muss bremsen“. Wenn das Warndreieck nur 100 m entfernt von der Unfallsstelle steht, bleibt nicht genügend Zeit die Geschwindigkeit zu verringern. Da das Warndreieck 100 m entfernet steht und 90 m benötigt werden um den Unfall zu realisieren bleiben nur noch 10 m um von 150 km/h auf 0 zu bremsen. Meist steht das Warndreieck noch weniger als 100 m von der Unfallsstelle entfernt. Es geht hier um den Eigenschutz! Stellen Sie das Warndreieck weit genug entfernt auf und geben Sie dadurch dem nachfolgenden Verkehr eine Chance darauf zu reagieren! Hier ist nicht mit einberechnet, falls ein Fahrer durch irgendeine andere Tätigkeit abgelenkt ist! Diese benötigen eine deutlich größere Strecke zwischen Warndreieck und Unfall!

Mythos 3: Jedem bewusstlosen Motorradfahrer muss der Helm aufgelassen werden, da sonst…

…der Kopf gespalten wird.

Nachdem der Helm eine Schale ist, um genau den Kopf zu schützen, gilt, solange der Helm nicht gespalten ist, wird auch der Kopf innen drin nicht gespalten sein.

…bei der Helmabnahme durch mich das Genick bricht.

Nachdem der Motorradfahrer beim Sturz bereits öfters auf den Kopf gestürzt ist und hierbei eine massive Gewalteinwirkung auf die Halswirbelsäule herrscht, wird der Genickbruch, wenn dann beim Sturz verursacht worden sein und nicht durch mich bei der Helmabnahme.

…das Rückenmark dabei geschädigt wird und er danach vielleicht gelähmt ist.

Wir wissen nicht, ob der Bewusstlose gelähmt ist oder nicht. Nachdem der Bewusstlose keine Muskelspannung hat, kann auch der Zungengrund, nachdem er ein Muskel ist, zurückfallen. Falls dies passiert, ist der Atemweg verlegt und der Motorradfahrer kann daran ersticken. Selbst wenn der Verunfalle gelähmt ist, eine Lähmung der Beine bringt einen nicht um, durch die Zunge kann die Person ersticken.

Fazit: Leben geht vor Lähmung, jedem bewusstlosen Motorradfahrer muss der Helm abgenommen werden, um die Atmung zu kontrollieren.

(unter Beachtung des Eigenschutzes)

Wenn die Person noch atmet, drehen Sie die Person in die stab. Seitenlage, falls die Person nicht mehr atmet fangen Sie unverzüglich mit der Herz-Lungen- Wiederbelebung an!

Mythos 4: Jeder bewusstlose Autofahrer muss im Auto sitzen bleiben, nicht dass die Wirbelsäule geschädigt wird

Nein. Selbst wenn die Atemkontrolle beim bewusstlosen im Fahrzeug funktioniert, hat es keine Konsequenz, da bei der bewusstlosen Person mit Atmung die stabile Seitenlage erfolgt, damit der Kopf überstreckt und der Mund der tiefste Punkt ist. Dies funktioniert im Sitzen im Fahrzeug nicht. Falls die Person nicht mehr atmet muss unverzüglich mit der Wiederbelebung begonnen werden. Auch dies funktioniert im Fahrzeug nicht.

Selbst wenn die Person danach in den Beinen gelähmt ist, LEBEN GEHT VOR LÄHMUNG.

Fazit: Auch der bewusstlose Autofahrer muss aus dem Fahrzeug geholt werden mit dem Rettungsgriff

(unter Beachtung des Eigenschutzes)

Wenn die Person noch atmet, drehen Sie die Person in die stab. Seitenlage, falls die Person nicht mehr atmet fangen Sie unverzüglich mit der Herz-Lungen- Wiederbelebung an!

Hinweis: Der Rettungsgriff kann genauso verwendet werden, um bewusstlose Personen aus einem Gefahrenbereich zu ziehen. Ebenso aus engen Räumlichkeiten oder dem Bett bei der Herz- Lungen- Wiederbelebung.

Mythos 5: Jede Person bei Vergiftungen im Magen-Darm-Bereich zum Erbrechen bringen…

… wird nicht mehr gemacht

  • Säure:  Nachdem die getrunkene Säure bereits auf dem Weg in den Magen geätzt hat, wird sie dies beim Erbrechen erneut machen und die Speiseröhre verätzen. Deswegen diese nicht zum Erbrechen bringen.

 

  • bewusstlose Person: Auch bewusstlose Personen wurden früher zum Erbrechen gebracht. Aktiv Erbrechen und somit ausspucken ist etwas, dass der Körper nur kann, wenn er wach ist. D.h. die bewusstlose Person erstickt dann an dem Erbrochenen. Deswegen diese nicht zum Erbrechen bringen.

 

  • Wach: Auch wachen Personen wurde der eigene Finger in den Mund gesteckt, um sie zum Erbrechen zu bringen. Dabei beißen die meisten zu und Sie können dadurch verletzt werden oder gar den einen Finger verlieren! Damit auch Sie Ihre Finger nicht verlieren, hierbei nicht zum Erbrechen bringen.

Fazit: Es wird keine andere Person mehr zum Erbrechen gebracht.

Stattdessen wird inzwischen das Gift bei wachen Personen mit Wasser verdünnt (Leitungswasser ohne Kohlensäure). Die Außnahme sind alle Stoffe, die erst mit Wasser reagieren, beispielsweise Schaumbildner. (Shampoo, Duschgel, Spülmittel) Dies würde zum Schäumen führen. Das Spülmittel geht nicht nur aus dem Mund raus, sondern auch in die Lunge. Dort zerstört es in den Alveolen (Lungenbläschen) den Surfactant- Faktor. Dieser ist dafür zuständig, dass die Alveolen nicht kollabieren (zusammenfallen).

Falls die Person bewusstlos ist, kontrollieren Sie die Atmung. Wenn die Person noch atmet, drehen Sie diese in die stab. Seitenlage, falls die Person nicht mehr atmet fangen Sie unverzüglich mit der Herz-Lungen- Wiederbelebung an!

Des Weiteren wird auch nicht mit Milch verdünnt. Da manche Gifte durch die Milch leichter in den Organismus gelangen. Des Weiteren können sich durch das Milcheiweiß Klumpen bilden mit dem Gift und diese setzen sich dann bsp. in Magen- oder Darmfalten fest.

Mythos 6: Nach dem Schlangenbiss muss das Gift ausgesaugt werden! (aus Filmen)

 

Nein. Da die Person schon auf die tierischen Gifte reagiert und am Boden liegt, wird dies bei Ihnen auch gleich passieren, da das Gift durch Ihre Schleimhäute im Mundraum aufgenommen werden.

Achten Sie auf Ihren Eigenschutz und lassen Sie das Tier nicht aus den Augen. Bei giftigen Tieren muss die gebissene Person unverzüglich einem Arzt vorgestellt werden.

Falls die Person bewusstlos ist, kontrollieren Sie die Atmung. Wenn die Person noch atmet, drehen Sie diese in die stab. Seitenlage, falls die Person nicht mehr atmet fangen Sie unverzüglich mit der Herz-Lungen- Wiederbelebung an!

Mythos 7: Abbinden mit dem Gürtel bei dem Schlangenbiss!

Nein. Achten Sie auf Ihren Eigenschutz, sodass Sie nicht auch noch gebissen werden und stellen Sie die gebissene Person einem Arzt vor.

Da meist nicht effektiv abgebunden wird (nicht fest genug), ist dies nicht mehr das Mittel der Wahl.

Falls die Person bewusstlos ist, kontrollieren Sie die Atmung. Wenn die Person noch atmet, drehen Sie diese in die stab. Seitenlage, falls die Person nicht mehr atmet fangen Sie unverzüglich mit der Herz-Lungen- Wiederbelebung an!

Mythos 8: Bei der bewusstlosen Person mit Atmung wird in der stab. Seitenlage eine Jacke unter den Kopf gelegt, damit es nicht unbequem ist bis der Rettungsdienst eintrifft

Nein. Die bewusstlose Person merkt nicht, ob es bequem oder unbequem ist. Problem ist, wenn etwas unter den Kopf gelegt wird, dann ist der Mund nicht mehr der tiefste Punkt, falls die Person erbricht. D.h. die Person erstickt an dem Erbrochen

Fazit: Es darf NICHTS unter den Kopf gelegt werden.

Mythos 9: Welche Seite muss außen sein bei der Rettungsdecke? Gold / Silber?

Es ist egal:

Aufbau: Die Rettungsdecke besteht aus einer Aluminiumschicht (Silberne Seite) und einer gelbtransparententen, reißfesten Polyesterfolie (goldene Seite). Durch diesen Aufbau ist die Rettungsdecke wasserdicht und hält die angewärmte Luft in der Decke und somit bei der Verletzen oder Erkrankten Person.

Wirkung: Die Rettungsdecke arbeitet mit der Reflektion der Wärmestrahlung, somit wird der Wärmetransport an die Luft vermindert. Da der Körper Wärme an die Luft abgiebt, wird diese warme Luft innerhalb der Decke gehalten, wenn sie Luftdicht abgeschlossen wird (Verknoten /Verkleben). Die Decke verhindert des Weiteren den Wärmeaustausch mit dem vorbei strömenden Wind. Selbst wenn es Windstill ist, verliert der Körper wärme durch das Aufsteigen der warmen Luft. Der Wärmeverlust durch Verdunstung wird ebenso reduziert (durch Nässe, Schweiß, Blut usw.)

Deswegen ist es auch wichtig, dass die Decke nicht eng anliegt, sondern sich ein Luftpolster dazwischen befindet. Des Weiteren sollte sich die Rettungsdecke auch unter der Person befinden, da über den Boden genauso Wärme verloren geht. Zum wärmen sollte die Person unter der Rettungsdecke Kleidung oder eine Decke haben.

Kälteschutz: Gold nach außen reflektiert laut Test mit der Infrarotkamera bis zu 99 % (komplett außenrumwickeln, auch unterhalb der Person, Gesicht frei lassen)

Sonnenschutz: Gold nach Innen reflektiert laut Test mit der Intrarotkamera bis zu 97% (NICHT einwickeln, sondern wie ein Sonnensegel nur darüber halten- als Sonnenschutz)

Fazit: In Gebieten in denen der Rettungsdienst schnell verfügbar ist, ist die Seite irrelevant. Zum Schutz vor Wärmeverlust gut einwickeln mit einem Luftpolster dazwischen und zum Schutz vor der Sonne Decke darüber Spannen wie ein Sonnensegel.

Mythos 10: Wenn das Kind an einem Fremdkörper erstickt an den Füßen nehmen und schütteln…

…. wird nicht gemacht!

Dabei wird nicht nur der Fremdkörper geschüttelt, sondern auch das Gehirn. Hierbei kann bereits nach 5-10 sec. eine Hirnblutung entstehen.

Wenn das Kind noch effektiv Husten (roter Kopf durch die Anstrengung) dabeibleiben, beruhigen und beim Husten unterstützen. Falls das Kind nicht mehr Husten kann, sondern nach Luft „japst“ (blaues Gesicht), wird 5 x zwischen die Schulterblätter geklopft. Falls dies nicht hilft, wird die Oberbauchkompression wie beim Erwachsenen angewandt, bis sich der Fremdkörper sich löst oder das Kind bewusstlos wird. Falls es bewusstlos wird, wird unverzüglich mit der Herz- Lungen- Wiederbelebung angefangen. Es ist das gleiche Ablaufschema wie beim Erwachsenen. Beim Säugling wird statt der Oberbauchkompression der Brustkorb komprimiert wie bei der Herzdruckmassage.

Mythos 11: Bei dem anaphylaktischen (allerg.) Schock wird der Notfallpen (Adrenalinpen) direkt in das Herz gegeben…

…Wird natürlich nicht gemacht!

Die Medikamentengabe obliegt einem Arzt oder einer darauf eingewiesenen Person. D.h. die Person, die einen solchen Pen besitzt, weiß wie sie ihn anwenden muss und darf deswegen diesen auch verwenden. Falls Sie darauf nicht eingewiesen sind, dürfen Sie ihn holen, hinhalten, aber auslösen darf ihn die Person nur selber. Bei Kindern sind die Eltern darauf eingewiesen. Falls das Kind in eine Kindergarten oder Schule geht, ist es sinnvoll die Erzieher darauf einzuweisen und es diesen schriftlich zu geben, dass sie den Pen verwenden dürfen im Notfall.

Der Pen wird an der Außenseite des Oberschenkels durch die Jeans verwendet und er muss richtig rum gehalten werden, nicht dass die Seite, aus der die Nadel rauskommt, zu Ihnen zeigt.

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