MEDINSTRUKT > Vergiftung mit dem blauen Eisenhut

MEDINSTRUKT > Vergiftung mit dem blauen Eisenhut

Der unter Naturschutz stehende blaue Eisenhut gehört zu den giftigsten Pflanzen in Europa. Gerade bergbegeisterte Menschen oder Kinder im Garten können schnell einmal mit ihm in Kontakt kommen. Grund genug, dass wir den blauen Eisenhut ein wenig näher betrachten und auf die Vergiftung eingehen. Sie erfahren alles über die Giftwirkung, Symptome, Erste Hilfe für Laien, Erstversorgung für Fachpersonal und die Prävention.

Alle wissenswerten Hintergrundinformationen zu dem blauen Eisenhut

Der blaue Eisenhut gehört zur Familie der Hahnenfußgewächse und wächst gerne an halbschattigen Standorten. Die ursprüngliche Verbreitung sind die europäischen Gebirge und Mittelgebirge. In Deutschland ist er bis in Höhen von 2400 Metern anzutreffen. Inzwischen wird er aber auch Zierpflanze in Gärten angepflanzt.

Der Eisenhut hat eine Wuchshöhe von bis zu zwei Metern und imponiert mit seinen traubenförmigen Blütenform in blau bis violett. Er blüht bei uns von Juli bis August. Der Name des Eisenhutes kommt vom oberen Blütenblatt, weil es eine helmartige Form hat.

Der blaue Eisenhut ist bereits seit Jahrhunderten als Giftpflanze bekannt. Manche Giftmorde, vor allem im Mittelalter, gehen auf seine Kappe. Auch als Heilpflanze wird der Eisenhut seit Jahrhunderten verwendet. Heutzutage findet er in homöopathischer Verdünnung Anwendung.

Aconitin – wie wirkt das Gift vom blauen Eisenhut?

Es finden sich verschiedene giftige Alkaloide im blauen Eisenhut, wobei die Giftwirkung hauptsächlich auf Aconitin beruht. Aconitin ist bereits ab einer Menge von 2-5 mg tödlich für einen Erwachsenen. Die größte Konzentration des Giftes findet sich in der Wurzel und im Samen, hier reichen bereits 2 mg aus, um die tödliche Giftmenge zu erreichen. Aconitin kann über die Schleimhäute, den Magen-Darm-Trakt und teilweise auch über die intakte Haut resorbiert werden.

Aconitin ist vor allen als Neurotoxin wirksam, es kann die Blut-Hirn-Schranke im Gehirn einfach überwinden. Seine Wirkung hat es somit im zentralen und peripheren Nervensystem. Dabei verlangsamt Aconitin die Inaktivierung des spannungsabhängigen Natriumkanals, daher kann mehr Natrium während des Aktionspotentials, einströmen. Hierdurch verlangsamt sich die Depolarisation und das Aktionspotential verlängert sich. Dadurch werden die sensiblen und motorischen Nervenenden und Nervenzentren erst initial erregt und anschließend gelähmt.

Aconitin wirkt ebenfalls an den Natriumkanälen am Herzen und führt zu Herzrhythmusstörungen.

Erkennen und Symptome der Vergiftung

  • bei Giftaufnahme über den Mund, werden die Schleimhäute im Mund und Rachen schnell taub (Gefühl, wie nach einer Betäubung beim Zahnarzt).
  • Hautkribbeln, welches häufig um den Mund herum beginnt und sich über den kompletten Körper ausbreiten kann.
  • Erbrechen, massive Durchfälle und kolikartige Bauchmerzen (Bauchkrämpfe)
  • Lähmungserscheinungen, bis zur kompletten Bewegungsunfähigkeit
  • die Pupillen werden weit (sogenannte Mydriasis)
  • Bewusstseinsstörungen und Bewusstseinsverlust
  • Kreislaufdepression mit niedrigem Blutdruck
  • Herzrhythmusstörungen mit Bradykardien (sehr langsamer Herzschlag), bis hin zur Asystolie/Herzstillstand

Erste Hilfe für Laien und Ersthelfer

Wie bei vielen Vergiftungen muss der Ersthelfer erst einmal darauf kommen, dass es sich um den blauen Eisenhut handelt. Für das Fachpersonal beginnt in der Klinik die Spurensuche um welchen Giftstoff es sich handelt. Daher je mehr Informationen und Material, wie Pflanzenreste oder Erbrochenes, an den Rettungsdienst übergeben wird, desto einfacher wird es für die Toxikologen.

  • Eigenschutz ist hier besonders wichtig, da bereits der Hautkontakt für eine Vergiftung reicht.
  • Beruhigen Sie so gut sie können den Patienten, da das Gefühl die Beherrschung über seinen Körper zu verlieren, zu maximalen Stress führt.
  • Bei einer Vergiftung mit dem blauen Eisenhut kühlen die Patienten sehr schnell aus, daher bitte immer an den Wärmeerhalt denken.
  • Bei Bauchmerzen und Koliken hilft eine Knierolle, da hierdurch die Bauchdecke entspannt wird.
  • Die Patienten werden schnell bewusstlos, wenn hohe Giftmengen im Körper sind. Bei bewusstlosen Patienten mit Atmung -> stabile Seitenlage
  • Wenn es zu einem Herzstillstand kommt, dies erkennen Sie an dem bewusstlosen Patienten ohne Atmung, unverzüglich mit der Reanimation beginnen.
  • Verständigen sofort den Rettungsdienst und halten Sie sich an die Anweisungen der Leitstelle und dem Giftnotruf.

Erstversorgung der Intoxikation durch medizinisches Fachpersonal

Generell stehen die Basismaßnahmen und die Versorgung nach dem ABC Schema im Vordergrund. Den Patienten und die Pflanzenreste nur mit Handschuhen anfassen!

  • Wenn die orale Aufnahme erst zurück liegt, kann die Elimination durch Erbrechen oder einer Magenspülung erwogen werden. Auch Aktivkohle (1 g pro kg Körpergewicht) führt zu einer Resorptionsverminderung.
  • Bei Ateminsuffizienz und Lähmung der Atemmuskulatur eine Intubation und Narkose frühzeitig in Erwägung ziehen.
  • Kreislaufwirksame Bradykardien medikamentös therapieren oder wenn dies nicht greift mittels externen Schrittmachers behandeln. Patienten können einen kardiogenen Schock entwickeln und sind dann Katecholaminpflichtig.
  • Anmeldung in einer Klinik mit größerer internistischer Intensivstation, optimalerweise sollte eine Toxikologie vorhanden sein.

Prävention – wie verhindere ich eine Vergiftung mit dem blauen Eisenhut?

  • Da der Giftstoff auch über die intakte Haut aufgenommen werden kann, immer Handschuhe bei dem Umgang mit dem Eisenhut tragen.
  • Wenn Sie Kinder oder Enkel haben, hat diese Pflanze nichts im eigenen Garten verloren. Denn die Gefahr einer versehentlichen Vergiftung ist zu groß.
  • Die Pflanze gehört zu den geschützten Arten, daher sollten Sie diese niemals pflücken. Falls Sie es doch machen, droht eine Vergiftung über ungeschützte Hände.
  • Niemals in der Nähe von Kräuterbeeten und Nutzpflanzen anbauen. Bereits kleine Mengen können zur Vergiftung führen.

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